Sie kommen fast t?glich mit dem Rad oder E-Bike an die ETH Z¨¹rich. Drei ETH-Verkehrsforschende untersuchen, wie eine E-Bike-freundliche Stadt funktioniert. Zugleich engagieren sie sich auch f¨¹r eine sichere, nachhaltige und CO2-arme Ó¢»ÊÓéÀÖmobilit?t an der ETH.
Ein kurzer Blickkontakt reicht. Das Sicherheitsgef¨¹hl steigt. Soeben biegt die E-Bikerin bei der Baustelle des neuen Physikgeb?udes HPQ auf die Wolfgang-Pauli-Strasse ein. Da n?hert sich ihr aus der anderen Richtung ein Bus der Z¨¹rcher Verkehrsbetriebe VBZ. Die Blicke der Bikerin und des Buschauffeurs treffen sich. Beide sch?tzen die Situation ein ¨C und der Bus setzt seine Fahrt nach Affoltern fort, w?hrend Clarissa Livingston mit ihrem E-Bike zu den Abstellpl?tzen auf dem Ó¢»ÊÓéÀÖ H?nggerberg f?hrt.
Clarissa Livingston ist Doktorandin in der Gruppe f¨¹r Verkehrsplanung von Kay Axhausen. Sie arbeitet auf dem H?nggerberg und kommt in der Regel mit dem E-Bike zur Arbeit. Sie f?hrt nicht nur regelm?ssig mit dem E-Bike sondern sie ist auch Verkehrsforscherin. Als solche wirkt sie in ?E-Bike-City? mit. In diesem Forschungsprojekt haben sich sieben Gruppen des Departements Bau, Umwelt und Geomatik (D-BAUG) zusammengeschlossen, um die Vision einer Stadt zu entwickeln, die bis zur H?lfte ihres Strassenraums f¨¹r E-Bikes und Fahrr?der und eine nachhaltige, so genannte Mikromobilit?t zur Verf¨¹gung stellt. Nun untersuchen sie, unter welchen Voraussetzungen und Auswirkungen sich eine solche Stadt realisieren liesse.
Was eine E-Bike-Stadt ben?tigt
Die Forschenden untersuchen Infrastrukturthemen wie die Gestaltung von Strassen, Strassennetzen, Strassenr?umen, Systemen des Verkehrsmanagements, den Betrieb des ?ffentlichen Verkehrs bei wechselnder Nachfrage und die Kosten der Umsetzung. ?berdies erforschen sie Fragen zur L?rm- und CO2-Reduktion, Verteilungsgerechtigkeit und Sicherheit. Letztere spielt f¨¹r eine nachhaltige Mobilit?t eine wichtige Rolle, da E-Bikes immer wieder in Unf?lle verwickelt werden. Dar¨¹ber forscht David Zani. Als Doktorand in der Gruppe f¨¹r Infrastrukturmanagement von Bryan Adey ergr¨¹ndet er zusammen mit Clarissa Livingston, wie die Infrastruktur einer E-Bike-City angelegt sein muss, damit beim Rad und E-Bike fahren m?glichst keine Unf?lle passieren.
?Das Sicherheitsgef¨¹hl auf einer Strasse h?ngt nicht nur davon ab, wie sicher diese Strasse statistisch gesehen tats?chlich ist.?David Zani von der Gruppe f¨¹r Infrastrukturmanagement
Sicherheit und Infrastruktur h?ngen naturgem?ss zusammen ¨C zum Beispiel reduziert sich das Unfallrisiko, wenn die Trassen von Trams sowie die Fahrspuren f¨¹r Velos und E-Bikes sauber getrennt sind, sodass Biker:innen nicht die Schienen ¨¹berqueren m¨¹ssen. Jedoch gehe es bei der Sicherheit nicht allein darum, welche Arten von Biking-Infrastruktur objektiv am sichersten seien, r?umt David Zani ein, der wie Clarissa Livingston normalerweise mit dem Velo zur Arbeit kommt: ?Das Sicherheitsgef¨¹hl auf einer Strasse h?ngt nicht nur davon ab, wie sicher diese Strasse statistisch gesehen tats?chlich ist?, sagt er.
Die Sicherheit, der Umgang miteinander und heikle Stellen
Hier schliesst Clarissa Livingston an. Obgleich schwierig zu quantifizieren, sind das Verhalten der Verkehrsteilnehmenden und die Art, wie sie miteinander umgehen, mitentscheidend f¨¹r das Sicherheitsgef¨¹hl: ?Bei Biker:innen, die mit Kindern unterwegs sind, ?ndert sich das Sicherheitsgef¨¹hl zum Beispiel drastisch?, sagt Clarissa Livingston. Blickkontakte seien entscheidend: ?Was Biker:innen gut sehen und was nicht, beeinflusst ihr Sicherheitsgef¨¹hl.? Sie untersucht unter anderem, wie Verkehrsknotenpunkte und Kreuzungen gestaltet sein m¨¹ssen, damit sich Radfahrer:innen und E-Biker:innen beim ?berqueren sicher f¨¹hlen.
?Bei Biker:innen, die mit Kindern unterwegs sind, ?ndert sich das Sicherheitsgef¨¹hl zum Beispiel drastisch.?Clarissa Livingstone von der Gruppe f¨¹r Verkehrsplanung
Heikle Stellen kennt auch die Anfahrt zum Ó¢»ÊÓéÀÖ H?nggerberg. In einer Semesterarbeit zum Thema ?E-Bike-City Ó¢»ÊÓéÀÖ?, die Clarissa Livingston betreute, stellte der Student Max Rieder zum Beispiel fest, dass die Fussg?ngerstreifen an der Glaubtenstrasse Nord f¨¹r Biker:innen besonders problematisch sind. Der Abstand zwischen der Fussg?nger:inn-Insel und dem Randstein ist dort gerade so breit, dass die Autofahrer:innen intuitiv annehmen, sie h?tten genug Platz, um Radfahrer:innen zu ¨¹berholen. Die Messungen von Rieder zeigen jedoch, dass dies nicht der Fall ist. Zudem entspricht die gemessene Breite dort nicht den empfohlenen Schweizer Normen, und selbst erfahrene, sichere Radfahrer:innen f¨¹hlen sich dort unsicher.
Auf dem Ó¢»ÊÓéÀÖ H?nggerberg selbst l?sst sich komfortabel und angenehm Rad fahren, jedoch: ?Max Rieder hat festgestellt, dass vor allem die Signalisation, die es Velofahrern erleichterte, schnell die n?chstgelegenen Abstellpl?tze oder Infrastruktur wie Pumpstationen zu finden, verbessert werden sollte ?, sagt Livingston. Ausserdem, so f¨¹gt sie hinzu, habe Max Rieder gezeigt, dass die ETH zum Teil die auf dem Ó¢»ÊÓéÀÖ installierten Typen von Abstellst?ndern ?ndern m¨¹sste: Die derzeit eingerichteten Typen sind ihm zufolge der Vielfalt der genutzten Fahrr?der und E-Bikes nicht angepasst, besonders mit Blick auf Reifenbreite, Lenkerform und Fahrradl?nge. Bei den St?ndern, bei denen das Fahrrad am Lenker aufgeh?ngt werden muss, bestehe die Gefahr, dass die Verkabelung des Fahrrads besch?digt werde.
Erweiterung der Velo-Infrastruktur an der ETH
Die ETH hat in den vergangenen Jahren die Infrastruktur f¨¹r Radfahrende und E-Biker:innen auf dem Ó¢»ÊÓéÀÖ H?nggerberg und auf dem Ó¢»ÊÓéÀÖ Zentrum stetig ausgebaut. Neben Abstellm?glichkeiten f¨¹r Fahrr?der, Parkpl?tzen mit Ladestationen f¨¹r E-Bikes und ?ffentlichen Velo-Pumpen wurden ebenfalls eine sichere, wettergesch¨¹tzte Velo Box und eine studentische Velo-Werkstatt auf dem Ó¢»ÊÓéÀÖ H?nggerberg eingerichtet (vgl. ?berblick Velo-Infrastruktur).
Ausserdem k?nnen ETH-Angeh?rige Fahrr?der oder E-Bikes zu g¨¹nstigen Konditionen ausleihen: Aktuell haben sie nach Abschluss eines verg¨¹nstigten Jahresabos Zugriff auf 2000 Velos und E-?Bikes in der Stadt Z¨¹rich (Z¨¹ri Velo von PubliBike), f¨¹r die es drei Stationen auf dem Ó¢»ÊÓéÀÖ Zentrum und eine auf dem Ó¢»ÊÓéÀÖ H?nggerberg gibt. Hinzu kommen 40 jederzeit verf¨¹gbare E-?Bikes inklusive eines E-Cargo-Bikes des Partners Urban Connect an mehreren ETH-?Standorten sowie ETH-eigene Team E-Bikes oder Cargo-Bikes f¨¹r Institute und Abteilungen (vgl. ?bersicht). Demn?chst werden diese Angebote auch auf der Karte in der ETH-App abrufbar sein.
?Wir werden die Velo-Infrastruktur an der ETH noch weiter ausbauen?, sagt Sandy Jeschke von der Fachstelle Mobilit?t, die bei den Ó¢»ÊÓéÀÖ Services f¨¹r die strategische Ausrichtung von Velo-, E-Bike- und Mobilit?tsangeboten f¨¹r die ETH zust?ndig ist. Zum Beispiel werden bei Bedarf zus?tzliche Velo-Parkpl?tze in Tiefgaragen eingerichtet oder f¨¹r die ?Langzeitparker:innen? unter den E-Biker:innen zus?tzliche Ladestationen installiert. Auch wenn die Wolfgang-Pauli-Strasse saniert wird, ist die Verkehrssicherheit aller Verkehrsteilnehmer ein wichtiges Thema. Bereits heute werden Velo-Abstellpl?tze abends ausgeleuchtet: ?Das ist f¨¹r uns Frauen wichtig?, sagt Sandy Jeschke. Ausserdem achte die ETH darauf, dass Abstellpl?tze genug Raum h?tten, da der Bedarf bei R?dern mit Anh?ngern f¨¹r Kinder zunehme. Gespannt ist Sandy Jeschke, die sich mit Clarissa Livingston austauscht, auf die Ergebnisse zur Gestaltung von Knoten und Kreuzungen sowie jenen zur derzeit laufenden ?smart moves?-Mobilit?tsumfrage, der ETH Z¨¹rich, die ebenfalls von Professor Kay Axhausen begleitet wird.
Neben den Kosten z?hlt auch die Akzeptanz
?Unsere Forschung ¨¹ber Infrastrukturkosten hat gezeigt, dass Investitionen in die Veloinfrastruktur wirtschaftlich sehr attraktiv sind. Sie bieten einen grossen Nutzen bei relativ tiefen Kosten?, sagt David Zani. Rad-Infrastruktur einzurichten, sei in der Praxis allerdings oft nicht ganz einfach. Ihr Bau wird von Meinungen beeinflusst: ?Infrastruktur gibt sehr viel zu diskutieren.? Die ?ffentliche Meinung und die Akzeptanz von E-Bike-bezogenen Verkehrs- und Infrastrukturmassnahmen sowie Massnahmen zur CO2-Reduktion des Mobilit?tssektors erforscht Michael Wicki.
?Wie oft bei politischen Massnahmen f¨¹hrt auch bei der E-Bike-F?rderung eine Umverteilung dazu, dass einige Menschen das Gef¨¹hl haben, benachteiligt zu werden und eine solche Ver?nderung ablehnen.?Michael Wicki von der Gruppe f¨¹r Raumentwicklung und Stadtpolitik
Michael Wicki ist Postdoktorand in der Gruppe f¨¹r Raumentwicklung und Stadtpolitik von David Kaufmann. ?Wie oft bei politischen Massnahmen f¨¹hrt auch bei der E-Bike-F?rderung eine Umverteilung dazu, dass einige Menschen das Gef¨¹hl haben, benachteiligt zu werden und eine solche Ver?nderung ablehnen?, sagt Wicki, ?wichtig ist, Personen, die den Wandel ablehnen, mit unterst¨¹tzenden Massnahmen einzubeziehen, um Hindernisse der E-Bike-Nutzung zu verringern und die Akzeptanz zu erh?hen.? Unterst¨¹tzend wirkten in der Regel breit zug?ngliche Informationen ¨¹ber die Vorteile und Auswirkungen nachhaltiger Mobilit?t sowie je nachdem Ausgleichsmassnahmen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse, was die Akzeptanz von E-Bike-F?rdermassnahmen st?rkt oder schw?cht, sind f¨¹r Wicki auch f¨¹r die Ó¢»ÊÓéÀÖentwicklung der ETH relevant.
Routen zum ETH-Ó¢»ÊÓéÀÖ besser verstehen
Alle drei Mobilit?tsforschenden, Wicki, Zani und Livingston, geben ihre Erkenntnisse gerne weiter, um die Ó¢»ÊÓéÀÖmobilit?t an der ETH m?glichst sicher, CO2-arm und komfortabel zu gestalten. Zum Beispiel unterst¨¹tzen sie ?smart moves?: Die Kampagne von Ó¢»ÊÓéÀÖ Services und ETH Sustainability ist Teil der Bestrebungen der ETH Z¨¹rich, ihre Treibhausgas-??Emissionen bis 2030 auf Netto-???Null zu senken. Zudem nehmen die Forschenden auch an Wettbewerben teil wie Bike to Work oder der Academic Bicycle Challenge, einem weltweiten Wettbewerb, bei dem Radfahrer:innen m?glichst viele Kilometer sammeln. Die anfallenden Daten dienen dazu, die Arbeitswege radfreundlicher zu gestalten. ?Um den Ó¢»ÊÓéÀÖ optimal zu entwickeln, m¨¹ssen wir genauer wissen, auf welchen Routen die ETH-Angeh?rigen zur ETH kommen?, sagt Sandy Jeschke.
Weitere Informationen
- E-Bike-City
- ?ber ?smart moves?
- Mit dem Velo an die ETH?
- externe Seite Smart Moves-Mobilit?tsumfrage
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